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SAMSTAG, 6. OKTOBER 2006, 18 UHR:
ERÖFFNUNG DER NEUEN GALERIERÄUME
MIT ENER AUSSTELLUNG VON
ANDREAS LORENSCHAT
»DON'T STOP THE SUNSET«
07. OKTOBER BIS 10. NOVEMBER 2007 

Am Samstag, den 6. Oktober 2007 werden mit der Ausstellung »don’t stop the sunset« von Andreas Lorenschat die neuen Galerieräume von Marion Scharmann in der Schaafenstraße eröffnet. Schwerpunkt des Galerieprogramms ist weiterhin die internationale zeitgenössische Kunst. Der Fokus, der im Kunstraum Marion Scharmann auf der Fotografie lag, wird sich auf alle Medien erweitern. Die Arbeiten der repräsentierten KünstlerInnen zeichnen sich durch die Findung neuer Bildsprachen und deren medialer und räumlicher Transformation aus. Installative und grenzüberschreitende Arbeitsweisen stehen im Mittelpunkt der zeitgenössischen Sujets.
In der Eröffnungsausstellung »don’t stop the sunset« zeigt Andreas Lorenschat neue konzeptuelle Arbeiten in Form von Video, Fotografie und Textbildern als auch Installationen und einer performativen Arbeit. Die Ausstellung setzt sich aus einem Ensemble von Versatzstücken zusammen, die um Zeit- und Raumerfahrung und deren historischer Entwicklung kreisen.
In der Textarbeit »Die Fahrt« transformiert Andreas Lorenschat seine ursprünglichen Reiseerlebnisse zu einer Verdichtung von Eindrücken. Die hier beschriebenen Orte hat der Künstler besucht und die Bilder seiner Erinnerung in Texte übersetzt. Andreas Lorenschat wird zum Beobachter seiner eigenen Reisebeobachtungen. Wie in einem Versuch des gleichzeitigen Erinnerns lassen sich nun nur noch Fragmente der Texte entziffern. Die Texte sind über einander geklebt und überlagern sich. Zusammenhang und Deutbarkeit der Zeichen verschwimmen bis hin zu ihrer Auflösung – Buchstabe für Buchstabe. Durch die Anordnung der Texte entsteht wiederum ein Bild, eine Art Zeichnung, die an eine Landkarte erinnert.
Die Reflexion über Bilder und ihre wechselnden Bedeutungen zeigt sich auf andere Weise in der zentralen Videoarbeit. Die Szene – zwei Personen, die an einem Lagerfeuer sitzen – wiederholt sich ins Unendliche ohne das Einflechten von Ereignissen oder Gesprächen. Das Dargestellte beschreibt eine Sehnsucht nach einem ursprünglichen Erleben elementarer Kräfte. Dieses Sehnsuchtsgefühl wird beschworen, jedoch nicht eingelöst. Durch das Eindringen großstädtischer Geräusche scheitert der Versuch einer Verzauberung, die dieses romantische Motiv hervorrufen will.
Während der Eröffnung werden die Stadtgeräusche ferner durch einen immer wieder erneut angestimmten Gitarrensound begleitet. Im Untergeschoß platziert Andreas Lorenschat einen Gitarristen, der vor einer Videoprojektion Improvisationen Neil Youngs interpretiert. Das musikalische Improvisieren beschreibt die Flüchtigkeit eines Augenblicks, der unwiederbringlich – im Moment seines Erscheinens – wieder verschwindet. Dieser Form des Entschwindens steht der touristische Vorgang des Festhaltens mittels Videobildern gegenüber. Die Videoprojektion zeigt eine Reise durch den mittleren, sogenannten ›wilden‹ Westen. Dieses Reisedokument fertige Andreas Lorenschat bereits 1995 aus rein touristischer Sicht an. Sowohl die Projektion als auch das Spiel des Gitarristen rekurrieren auf den Film »Dead Man« von Jim Jarmusch. Der Künstler spürt hier dem allmählichen Verschwinden von Dasein und Erinnerung nach. So wie der Protagonist William Blake langsam im Film entschwindet, wird auch der Gitarist nach der Eröffnung verschwunden sein. Allein die projizierten Wüstenlandschaften und das zurückgebliebene Instrument sind Beweise des vergangenen Moments. Nur durch seine Rekonstruktion, durch das Sich-Erinnern und das Weitererzählen kann er nachempfunden werden.
Eine ähnliche Funktion übernehmen Ansichtskarten. Die Arbeit »Der Tourist« wird von Andreas Lorenschat als Erinnerungsstück an die Ausstellung an 10 Adressaten per Post übersendet.
Das Verschwinden und der Versuch das Vergängliche festzuhalten, werden auch in den fotografischen »Sonnenstaub« Arbeiten thematisiert. Sie zeigen den Versuch des Künstlers, die letzten Sonnenstrahlen kurz vor Sonnenuntergang mittels eines Scanners einzufangen und in eine visuelle Form zu übersetzen. Es entstanden poetisch anmutende, offene Werke, die jedoch ständig auf das Unvermögen eines konservierenden Prozesses verweisen.
In der Arbeit »Sonnenaufgang« vollzieht der Künstler eine semantische Rückgewinnung des Neonschriftzuges »Sunrise«. Üblicherweise begegnet man solchen Neonleuchtreklamen an Eingängen von Bars oder Sonnenstudios. Dieser werbetypische Anglizismus wurde durch den Künstler seiner Verwendung im urbanen Alltag entzogen. Sowohl durch die Übersetzung im Titel als auch durch den Kontext der Ausstellung erhält der Schriftzug seine Bedeutung im wörtlichen Sinne wieder zurück.
In der Arbeit »Neon« hingegen löst sich die Bedeutung der ›Worte‹ beinahe vollständig auf. Sie überlagern sich in mehreren Schichten und erzeugen einen objekthaften Charakter. Während im Gedicht »The Moth« (Anne Yohn) die Motten im heißen Schein verenden, bleiben im ›kalten‹ Neonlicht die Worte zurück wie ein Schatten der zitierten Gedichtzeilen.
Andreas Lorenschat theamtisiert in seinen Arbeiten die Momente zwischen An- und Abwesenheit, zwischen Erscheinen und Verschwinden, zwischen Erinnerung und Vergessen. Der Titel »don’t stop the sunset« fungiert als Klammer der Ausstellung. Er verweist auf die Sehnsucht nach dem archaischen Erleben in einer modernen Welt.