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Stef Heidhues

BETWEEN HERE AND NOW

Eröffnung: Freitag, 20. März 2015

Ausstellung: 21. März bis 30. April 2015





Brachen haben Stef Heidhues (*1975 / Washington D.C.) schon immer interessiert. Solche von Verfall gezeichneten Flächen mit ihren Wucherungen von architektonischen Resten, Abfall, Pflanzen und Graffiti versteht die Künstlerin als Schnittstellen zwischen Vergangenheit und Zukunft, als gestaltbare Spielflächen und damit durchaus dem Ausstellungsraum ähnelnd. So lässt sich die aktuelle Ausstellung mit dem enigmatischen Titel »Between here and now« als hochartifizielle Reminiszenz an eine Brachfläche lesen. ›Zwischen hier und jetzt‹ tut sich ein imaginärer Raum auf, der zugleich zeitlich als auch räumlich, somit vor allem ein Raum der Möglichkeiten ist.

Jedes Kunstwerk im Raum (alle von 2015) steht für sich, zusammen aber bilden sie eine sorgfältig komponierte Installation, einen Parcours, der von draußen frontal wie ein Bild zu erfassen ist und schließlich seitlich betreten werden kann. Das halb umgestürzte »Railing« – neueste Arbeit einer bereits seit längerem entstehenden gleichnamigen Werkreihe – lenkt, trotz seiner offensichtlichen Beschädigung, den Weg, vorbei an »Sign«, einem Leuchtzeichen mit überlanger Kabelschnur, die sich zu einem Haufen auftürmt. »Stack« besteht aus drei Aluminiumformen, die ein modulares, ineinander greifendes Flächensystem bilden, hier jedoch als loser Stapel präsentiert werden. Im Gegensatz zur industriellen Form steht die Oberflächenbehandlung von Hand – eine Ambivalenz, die für viele von Stef Heidhues’ Arbeiten charakteristisch ist. Alle Objekte weisen Aspekte von Funktionalität auf, die jedoch letztlich unklar bleibt. Dabei sind sie in ihrer Pseudofunktionalität hochästhetisch und zuallererst Kunstwerk. Das gilt auch für »Protectors (wax)«, ein Hörschutz und eine Schutzbrille aus Bienenwachs, an einem Haken hängend. Im bildhauerischen Prozess dient die Ausführung in Wachs eigentlich als die Vorstufe zum Guss aus Metall, wird hier aber als eigenständige Skulptur verstanden und ausgestellt. So wie Stef Heidhues mit Funktionalität und Dysfunktionalität spielt, so spielt sie auch mit bildhauerischen Konventionen wie der Hierarchie der Materialien oder der Verbindung vom Industriellen und Handgemachten. Gegenüber dem Galerie-Arbeitsplatz befindet sich das Wandobjekt »Regler (blau)«, das wie ein überdimensioniertes Empfangsgerät die ›Schaltzentrale‹ markiert.

Während der obere Hauptraum der Galerie mit den Möglichkeiten von Innen und Außen spielt, ist der kleine Raum im Untergeschoss als ›Maschinenraum‹ konzipiert. Verbindendes Element zwischen oben und unten sind die »Protectors«, unten in der Version aus Aluminium. Auf MDF montiert und unter einer dicken Glasscheibe wirkt die Fotografie »PLAY« als Objekt selbst wie eine (Play-)Taste. Raum, Fläche und Perspektive erscheinen auf dem Bild uneindeutig. Darum wirkt die darauf abgebildete Ansicht einer urbanen Brache fast wie eine Collage. Sie nimmt das Spiel um Raum und Zeit auf, befindet sich womöglich ›zwischen hier und jetzt‹. Das »Aggregat« verfügt mit Spule, Schirm und Leitungen über ein Formvokabular, das dem Kontext Technik und Technologie entlehnt ist. Neu zusammengeführt formuliert es ein Objekt, das funktionale Aspekte aufweist, welche einander teilweise widersprechen. Dieser Widersprüchlichkeit hält das Objekt stand. Das gilt nicht nur für das »Aggregat«, sondern auch für viele andere von Stef Heidhues’ Arbeiten, sei es die Reihe der »Protectors«, »Railings« oder der »Helme«. Die technische Formsprache ist grundlegend, dabei behaupten die Arbeiten aber nie etwas anderes zu sein als das, was sie sind, nämlich Kunstwerke.

Barbara J. Scheuermann



Stef Heidhues, »Play«, 2015, 27 x 20,3 x 2,2 cm, C-Print auf MDF, Glas, Auflage von 2 + 1



Installationsansicht, photo: Tamara Lorenz



Installationsansicht, photo: Tamara Lorenz


Stef Heidhues, »Railing #4«, 2015, 210 x 84 x 80 cm, Stahl, Lack, Unikat, photo: Tamara Lorenz



Stef Heidhues, »Sign«, 2015, appr. 243 x 190 x 170 cm, Stahl, Neonröhre, Gummischnur, Fundstück, Unikat, photo: Tamara Lorenz



Stef Heidhues, »Stack«, 2015, appr. 190 x 80 x 25 cm, Aluminiumguß (3-teilig), Unikat, photo: Tamara Lorenz



Stef Heidhues, »Protectors (wax)«, 2015, 32 x 18 x 16 cm, Bienenwachs, Gummiband, Lack, Unikat, photo: Tamara Lorenz



Stef Heidhues, »Regler (blau)«, 2015, 140 x 36 x 16 cm, Stahl, Styrodur, Acryllack, Unikat, photo: Tamara Lorenz


Installationsansicht UG, photo: Tamara Lorenz



Stef Heidhues, »Protectors (Alu)«, 2015, 32 x 18 x 16 cm, Aluminiumguß (2-teilig), Gummiband, Lack, Unikat, photo: Tamara Lorenz


Stef Heidhues, »Aggregat«, 2015, 80 x 52 x 36 cm, Stahl, Keramik, Wachs, Unikat, photo: Tamara Lorenz



Installationsansicht von außen, photo: Tamara Lorenz