Deutsche SeiteEnglische Seite
PAT FLYNN
»the sounds of earth«

Eröffnung: Samstag, 30. August 2008, 11-18 Uhr
ANLÄSSLICH DER COLOGNE OPEN 2008

Ausstellung: 1. September - 10. Oktober 2008  


Pat Flynn (*1972) aus Manchester stellt mit seinen digital konstruierten Fotografien das fotografische Abbild in Frage. Auf den ersten Blick wirken seine Werke wie eine analoge Wiedergabe unserer Welt, die in wunderschönem Glanz erstrahlt. Doch das genaue Betrachten der oft politisch ambitionierten Arbeiten entlarvt das Bild als Simulacrum, als eine minutiös am Computer entwickelte Bild- und Realitätskonstruktion. Pat Flynn ist Maler, Bildhauer und auch Regisseur in seinen virtuellen Bildräumen, die er mit digitalen ›Filmsets‹ füllt, die er dann als Lambda Prints hinter Diasec präsentiert.
Flynns sehr subtile Arbeitsweise läßt die Wahrnehmung ebenso ins Wanken geraten, wie die Wahl der Sujets, die oft bewusst banal sind wie beispielsweise die Welt der Swarovski-Figuren. Die Präsentation der Motive erfolgt jedoch nicht wie bei der fotografischen Perspektive. Es gibt keinen Fluchtpunkt, wie wir es von der analogen Kamera kennen. Die Größe der Elemente im Bild nimmt nicht mit ihrer Distanz zum Betrachter ab, sondern bleibt gleich. So sind die Kugeln auf »untitled (Spheres)« alle gleich groß und auch die Koordinaten verjüngen sich nicht, um auf einen unendlichen Fluchtpunkt zuzulaufen. Die wertvollen Kristall- oder billigen Plastikkugeln bauen eine Spannung zwischen dem Banal-Alltäglichen und dem Kognitiv-Rationalen auf. Das Millimeterpapier erinnert an das Kartesische Koordinatensystem. Was wird vermessen? die Welt? das All? das Unerklärliche? Das niedliche Tierchen aus Swarovski Steinen der Arbeit »untitled (White Noise)« symbolisiert all den Kitsch unserer Gesellschaft, umhüllt von einer wertvollen Oberfläche. Schaut man durch sie hindurch, bleibt nichts übrig, vergleichbar dem Flimmern auf dem  Fernsehenbildschirm, dem so genannten Weißen Rauschen. Das Banale, mit dem sich Pat Flynn in seinen Werken auseinandersetzt, birgt aber auch formale Fragestellungen – nicht zuletzt durch die handwerkliche Dimension, die einer digitalen Malerei gleichkommt. Die Farb- und Reflektionsspiele auf den Glasoberflächen sind auch als ein Beitrag zum seit einigen Jahren in der Kunst zu beobachtenden neuen Formalismus zu lesen. Dies zeigt sich auch in der Arbeit »untitled (Voyager)«, die in der Unendlichkeit des Alls die Raumfähre Voyager zeigt, die sich alleine im dunklen Nichts befindet, in einem All ohne Sterne, das einer Abstraktion gleicht. Der Betrachter spiegelt sich im Glas und kann seinem Spiegelbild durch das tiefe Schwarz nicht ausweichen. So wird man gleichzeitig ins Bild gezogen und auf sich selbst zurückgeworfen, schaut in das Nichts und wird sich gleichzeitig seiner Beobachtung ›von oben‹ bewusst. So überträgt sich auch die Einsamkeit der Voyager auf den Betrachter.
Das Pendant zu dieser Arbeit bildet »untitled (Shark’s Eye)«. Hier blicken nicht wir in die Ferne, sondern werden selbst angeblickt aus der Tiefe, aus dem Auge eines Haifisches. Doch dieser scheint in den Tiefen des Meeres auch nur Augen für eine Kristallkugel zu haben. Die unscharfe Zeichnung der Fischhaut und die Fokussierung der Reflektion im Auge lenken unseren Blick auf den Blick des Hais.
Wie bei „untitled (Voyager)“ handelt es sich um eine subtile Reflektion der Macht des Blickes, der sich in das und aus dem Weltall richten kann, um letztlich Kontrolle über das gesamte Sonnensystem zu erlangen.
Um die Macht des Blicks geht es auch in der Animation »untitled (Snake)«, die den Diskurs um den männlichen Blick, den Laura Mulvey um 1973 begonnen hat, aktualisiert. In der Arbeit schlängelt sich eine Schlange unaufhörlich durch einen Peep-Toe Pump. Pat Flynn bedient sich dabei verschiedener Klischees wie den High Heels einer Frau als Fetisch Objekt, das vom männlichen Symbol Schlange penetriert wird. Durch den Loop wird die Aktion der Schlange ins Unendliche wiederholt und somit ad absurdum geführt. Der männliche Blick und die Macht über sein Objekt sind omnipräsent und laufen gleichzeitig ins Leere.
Der ironische Unterton, der schon in den anderen Arbeiten zu finden war, fehlt auch hier nicht: Das Setting wird in dramatischem Licht inszeniert und evoziert einerseits das Helldunkel Caravaggios, aber auch Hollywood-Filme wie Indiana Jones mit ihrem Hang zur Megalomanie.

Mit dem Ausstellungstitel »the sounds of earth« bezieht sich Pat Flynn auf eine Datenplatte mit Bild- und Audioinformationen, die an Bord der beiden 1977 gestarteten Voyager 1 und 2 angebracht ist. Die Datenplatten wurden in der Hoffnung hergestellt, etwaige intelligente, außerirdische Lebensformen könnten dadurch von der Menschheit und ihrer Position im Universum erfahren. Werden diese Informationen irgendwann einmal auf ein unschuldiges Auge treffen? Und was wird dieses dann in ihnen sehen?



»untitled (Shark’s Eye)«, 2007
Lamda Print behind glass 180 x 240 cm
edition of 5 + 1


»untitled (Voyager)«, 2007
Lamda Print behind glass 180 x 240 cm
edition of 5 + 1


»untitled (White Noise)«, 2008
Lamda Print behind glass 60 x 80 cm
edition of 5 + 1


»untitled (Spheres)«, 2008
Lamda Print behind glass 60 x 80 cm
edition of 5 + 1


»untitled (Berg)«, 2008
Lamda Print behind glass 60 x 80 cm
edition of 5 + 1


»untitled (Paperweight)«, 2008
Lamda Print behind glass 60 x 80 cm
edition of 5 + 1