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Stef Heidhues »Mongolische Reiter«
Eröffnung: Freitag, 30. Oktober 2009, 19 Uhr
Ausstellung: 31. Oktober – 18. Dezember 2009
Cologne Contemporaries:
20. november, 18-21 uhr + 21. november, 12-18 Uhr
Die Künstlerin im Gespräch mit Natalia Stachon
am 22. November 2009 in der Temporary Gallery Cologne

Zu Zeiten Dschingis Khans gründete die kriegerische Übermacht der Mongolen fast ausschließlich auf leichter Kavallerie. Diese bestand hauptsächlich aus Bogenschützen zu Pferde. Die Reiter vermochten ihre Pfeile in vollem Lauf und in der Schwebephase des Galopps abzuschießen und konnten ihr Ziel aus einer Distanz von bis zu 300 Metern mühelos treffen. Diese Fähigkeit verlangte nach größter Körperbeherrschung, Kraft und Präzision aber auch nach Wendigkeit, Schnelligkeit und Dynamik, alles in allem nach einem unglaublichem Balanceakt. So betitelt die Bildhauerin und Installationskünstlerin Stef Heidhues (*1975 / USA) ihre erste Einzelausstellung in der Galerie Marion Scharmann »Mongolische Reiter«. Auch wenn die zunächst offensichtliche Problematik von Statik und Balance, die keinem Bildhauer unbekannt ist, sich in den filigranen und statisch oft riskanten Kompositionen von Heidhues wiederfindet, gründet das Interesse der Künstlerin in diesem Falle tiefer. Es geht ihr um den ständigen Balanceakt an sich, um ein Tauziehen zwischen konkreten Bildern und Assoziationen auf der einen Seite sowie der autonomen Form, Komposition und der Ausdruckstärke des Materials auf der anderen Seite. Die raumgreifendste Arbeit in der Ausstellung, mit dem Titel »Tent«, ist eine Installation aus dünnen Metallstangen sowie schwarzem und weißem Segelstoff. Vor dem geistigen Auge leuchtet kurz noch die einfache Architektur eines Zeltes auf, doch scheint es, als hätte ein Sturm gewütet und das Zelt an die Galeriewand gefegt, wo es sich in einer Ecke verklemmt hat und nun über den Köpfen der Betrachter schwebt. Beim Herantreten jedoch entpuppt es sich als eine wohl durchdachte, Schritt für Schritt erarbeitete und filigrane Konstruktion. Die erste Assoziation schwindet und die Schönheit und Zartheit der autonomen Form rückt in den Vordergrund. So auch in der Arbeit »L’arc et la fleche« (Pfeil und Bogen). Eine Komposition aus verrosteten Eisenfundstücken, Holz und Messing die den Zustand von Anspannung suggeriert. Doch bei näherer Betrachtung wird man unschlüssig, denn das zarte Objekt gibt seine tatsächliche Konstruktion nicht preis. Man fragt sich: was hält hier was? Ist das statisch überhaupt denkbar? Und so findet man sich wieder mitten drinnen in dem Spiel von vermeintlicher Erkenntnis und deren sofortigem Verlust. Oft dient ein Fundstück der Künstlerin als Grundstein, als die Initialzündung für eine neue Arbeit. Nach und nach und Veränderung um Veränderung nähert sich Heidhues der endgültigen Form ihrer Objekte. Ein fortlaufender Balanceakt zwischen Zufall und gezielter Entscheidung, Einflussnahme des Materials und der künstlerischen Autonomie. Anstelle der Erfüllung eines vermeintlich definitiven Kunstwerks tritt bei Stef Heidhues die Auseinandersetzung mit Formen und Möglichkeiten eines steten Wandels als Basis und Motor der Kunst an sich.

(Text: Natalia Stachon)





Stef Heidhues, »Tent«, 2008
Stoff, Aluminiumrohre, Lack, Messingrohr, ca. 280 x 310 x 180 cm
Installationsansicht