STEF HEIDHUES
»Come as we are«
Eröffnung: 7. September 2012, 18 bis 22 Uhr
Ausstellung: 8. September bis 19. Oktober 2012
DC OPEN Sonderöffnungszeiten:
8. September, 12 bis 20 Uhr
9. September, 12 bis 18 Uhr
Spannungsreiche Gegensätzlichkeiten bestimmen das Werk von Stef Heidhues (*1975 / Washington, DC), das von ihrem alltäglichen Umfeld inspiriert ist, woraus sie auch ihr oft ›armes‹ Material schöpft. Die Künstlerin zelebriert das Material und definiert es neu, so dass etwas zwischen Vertrautem und Fremdem entsteht, das sich einer klaren Definition entzieht und vielfältige Assoziationen freisetzt. Stef Heidhues kreiert Werke, die inhaltlich wie formal voller Widersprüche stecken und somit Bedeutungen verschieben und in Frage stellen. Sie hält diese Ambivalenzen in einer Balance – ihre Werke erinnern an geläufige Objekte und stellen gleichzeitig komplexe Arrangements dar, sie irritieren und ziehen uns durch ihre anmutigen Linien und räumlichen Kompositionen in ihren Bann. Leitmotivisch geht es in der Ausstellung »Come As We Are« um Identitätskonstruktionen.
Die »Flags 01-03« sind Fahnen aus Fahrradketten, die den Raum besetzen. Die Erwartung des Betrachters wird allerdings nicht erfüllt, denn statt dem leichten und flatternden Stoff einer Flagge hängen Fahrradketten von der Fahnenstange. Auch fehlt den Flaggen eine Kennung, um einen Ort zu markieren und Macht zu signalisieren. Die »Flags« stellen die Symbolik und den Anspruch, der mit einer Fahne ausgedrückt wird, in Frage. Sie werden in Reihe präsentiert, sodass sie sich als Gruppe auf sich selbst beziehen, aber keinen Besitzanspruch auf ein Territorium stellen.
An der langen Wand der Galerie sehen wir Skulpturen aus unglasierter, betongrauer Keramik auf Stahlhalterungen. Sie muten zugleich traditionell als auch futuristisch an und erinnern in der Art und Weise wie sie präsentiert werden, an Trophäen eines Jägers. Stef Heidhues' »Protectors« gehen jedoch auf die Form von Knieschonern zurück und wurden am Knie der Künstlerin geformt. Doch wie in den »Flags« spielt die Künstlerin auch in diesen Werken mit der Erwartungshaltung des Betrachters, denn nicht aus weichem und schützendem Material sind die »Protectors« gefertigt, sondern aus harter und zerbrechlicher Keramik.
Die »Protectors« wecken Assoziationen an Prothesen, lassen an futuristische Rüstungen denken, die zum Schutz vor Gewalt oder zur Funktionserweiterung des Körpers eingesetzt werden, aber auch an Masken, die man zur Verschleierung oder Veränderung der Identität trägt.
Im Gegensatz zu den »Protectors« sind afrikanische Masken keine bloßen Anschauungsobjekte, sondern symbolisch aufgeladene Objekte einer kulturellen Praxis, die mit Mythologien und Ritualen verbunden ist. Masken gelten als Schutz gegen böse Kräfte und Krankheiten oder können gar einen Geist beschwören. Sie werden in Zeremonien eingesetzt, d.h. sie können animiert werden und sind die Drehtür zu magischen Welten.
Der Titel »Protector« ist folglich im mehrdeutigen Sinne zu lesen, als Panzer, der den Körper schützt, als Maske, welche die Identität schützt oder verändert und als Geist, der beschworen wird und mentalen Schutz gewähren soll.
Die »Protectors« verweisen somit auf eine lange kulturgeschichtliche Tradition und Praxis, aber auch in die Kunstgeschichte können wir sie einreihen – in der Klassischen Moderne bedienten sich Picasso und seine Zeitgenossen des sogenannten ›Primitiven‹, um es in ihre Kunst mit einfließen zu lassen. Auch in die Zukunft weisen die »Protectors«. Futuristisches, Comics und Science Fiction Filme scheinen auf.
Die Präsentation der »Protectors« in Reihe suggeriert eine Art Typologie der Rassen, welche durch das dargestellte Sujet des Knieschoners jedoch umgehend ad absurdum geführt wird.
Bei den »Backprotectors«, ebenfalls aus Keramik, spitzt sich die Ambivalenz dieser Objekte besonders zu: ihre organische Form erinnert an amphibische Rückenpanzer, gleichzeitig martialisch als auch zart und zerbrechlich. So liegen sie wie abgeworfen im Raum und führen uns die eigene Zerbrechlichkeit und Schutzbedürftigkeit vor Augen.
Das Rot des Fußbodens fungiert wie ein Sockel und lässt die Galerie zu einem aufgeladenen Raum werden, zu einem Ort, an dem etwas bevorsteht. Möglicherweise eine Begegnung, ein Wettkampf oder ein Duell?
Der Titel »Come As We Are« weist ebenfalls auf eine Verabredung, ein Treffen hin. Mit wem bleibt offen. Mit der Kunst? Oder gar mit sich selbst?