Patrizia Karda
PATRIZIA KARDA »KABELPEITSCHE«Installative Fotografie
14. Juni bis 11. Juli 2004
Installationsansicht
Die Künstlerin Patrizia Karda arbeitet ortsbezogen. Sie
fotografiert Innenräume und konfrontiert diese mit den Gegebenheiten
des realen Raumes. Die fotografierten Innenräume sind menschenleer und
erscheinen ereignislos. Sie bezeichnen Passagen oder Übergangsräume,
die offensichtlich vom Menschen benutzt, aber doch verlassen sind. Die
bauliche Gesamtheit wird bei den Abbildungen nie sichtbar und die
Ausschnitte aus größeren Raumzusammenhängen sind immer das Resultat
eines Konzentrates der vorgefundenen Raumsituation. Die Aufnahmen sind
gekennzeichnet durch formale Prägnanz, atmosphärische Dichte sowie
karges Inventar und behaupten sich durch ihr Beharren auf
Unspektakulärem. In das Bild wird immer digital eingegriffen, um
störende Elemente zu retouchieren und so die fotografierten Räume auf
sich selber zu reduzieren. Doch diese Eingriffe sind meist nicht zu
erkennen.
Patrizia Karda setzt das mimetische Verfahren der Fotografie, das eine
perfekte Illusion suggeriert, bewusst ein, um realistische
Erweiterungen des Raumes zu simulieren. Die Fotografie ist nicht nur
ein Bild an der Wand, sie wird zu einem architektonischen Teil des
Raumes. Man steht nicht ›vor‹ einem Bild, sondern scheinbar ›im‹
fotografierten Raum selbst.
»Kabelpeitsche«
Die Fotografien von Patrizia Karda haben keine festgesetzten Maße, sie
werden auf den jeweiligen Raum angepasst und zugeschnitten. Die
Fotografien können so je nach Situation vergrößert, verkleinert, als
Wandbild, als Tapete oder auch als Diaprojektion in den Raum
eingreifen, um diesen neu zu strukturieren und inszenieren. Die
Bildmotive treten in einen Dialog mit dem realen Raum, erweitern ihn
und fächern weitere Raumebenen auf.
In der Ausstellung »KABELPEITSCHE« arbeitete Patrizia Karda mit
großformatigen Fotoabzügen, die sie fast wandfüllend im Raum
befestigte. Somit entstand eine Gesamtinszenierung des Raumes oder
vielmehr eine Rauminstallation, welche die Raumsituation komplett
transformierte. Gleichzeitig legte die Künstlerin Rohre und
Kabelstränge im Ausstellungsraum frei, die für gewöhnlich verborgen
bleiben, um eine ästhetisierte Ausstellungssituation zu schaffen.
Ausgehend von diesen verborgenen bzw. bewusst versteckten Elementen des
Raumes konzipierte Patrizia Karda ihren künstlerischen Eingriff in den
Raum.
»Kabelpeitsche«
Patrizia Karda konfrontierte in »KABELPEITSCHE« ein Herrenzimmer eines
1905 erbauten Hauses im Jugenstil-Dekor mit Abbildungen einer
ausgebrannten Scheune und implantierte somit eine Abbruchsituation in
einen repräsentativen Raum. Die Farbe der Fotografien war der Raumfarbe
ähnlich und somit schien der abgelichtete Raum nahtlos in den
Ausstellungsraum überzugehen. Die Fotografien selbst bestachen durch
die vom Feuer modellierten Material- und Raumstrukturen, die durch den
Lichteinfall in Szene gesetzt wurden.
Durch das Freilegen der Kabel und Rohre entlarvte sie museale
Ausstellungsstrategien, die sich dem Ausstellungsraum als ›white cube‹
verschrieben haben und das Zusammenspiel von Fotografien, Kabel und
Herrenzimmer verweist auf die unterschiedlichsten alltäglichen,
repräsentativen, musealen und ruinösen ›Rauminszenierungen‹. Ferner
versuchte sie mit dieser Rauminstallation einerseits der Historie des
Raumes anhand der auffindbaren Indizien auf die Spur zu kommen.
Andererseits erweiterte sie durch die Verknüpfung mit den auf den
Fotografien abgelichteten Räumen den realen Raum ins Fiktive und ließ
neue Geschichten entstehen, die sich durch den Titel noch potenzierten.